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Zugang einer Kündigung im Hausbriefkasten

Im Zusammenhang mit dem Einwurf einer Kündigung durch den Arbeitgeber im Hausbriefkasten des Arbeitnehmers kommt es immer wieder zu der Frage, wann diese als zugegangen gilt.

 

Der Zugang der Kündigung

 

Mit dem bloßen Einwurf der Kündigung in den Hausbriefkastens des Arbeitnehmers steht noch nicht fest, wann diese auch tatsächlich zugegangen ist, denn der Zugang hängt davon ab, ob nach der allgemeinen Verkehrsanschauung am konkreten Zugangsort noch mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger zu rechnen war. 

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 25. April 2018 – 2 AZR 493/17 – Rn. 15, BAGE 162, 317) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH vom 14. Februar 2019 – IX ZR 181/17 – Rn. 11; BGH vom 5. Dezember 2007 – XII ZR 148/05 – Rn. 9) geht eine verkörperte Willenserklärung unter Abwesenden im Sinne vom § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehören von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie ein Briefkasten. Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist vielmehr eine generalisierende Betrachtung geboten. (BAG, Urteil v. 22.8.2019, 2 AZR 111/19).

 

Es ist im konkreten Einzelfalls darauf abzustellen, welche Verkehrsanschauung zum Zeitpunkt der Leerung von Hausbriefkästen im maßgeblichen räumlichen Gebiet des Hausbriefkastens des Arbeitnehmers herrscht (BAG, Urteil v. 22.8.2019, 2 AZR 111/19).

 

Bedeutung für die Erhebung der Kündigungsschutzklage

 

Die Frage des Zeitpunktes des Zugangs einer in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfenen Kündigung ist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage von sehr großer Bedeutung, da mit dem Zugang der Kündigung für den Arbeitnehmer eine für die Kündigungsschutzklage sehr wichtige Frist zu laufen beginnt.

 

Will nämlich der Arbeitnehmer sich auf den Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) berufen, muss er die angeblich fehlende soziale Rechtfertigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage geltend machen.

 

Dabei gilt es eine wichtige Frist zu beachten. Er muss (vorbehaltlich der in § 5 Abs. 1 KSchG geregelten Ausnahme) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht auf Feststellung klagen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst ist, § 4 S. 1 KSchG. Versäumt er diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam, § 7 KSchG.

 

Vom genauen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung hängt also ab, wann die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG für die gegen die Kündigung zu erhebende Kündigungsschutzklage abläuft und eine Klage daher eventuell verfristet wäre.

 

Mathias Oehlert
Fachanwalt für Arbeitsrecht